Darum geht’s
Alle Eltern wollen „das Beste“ für ihr Kind! Aber was ist „das Beste“? Der Druck auf uns Eltern wächst stetig, der Nachwuchs soll optimal gefördert werden, um später ein glücklicher und erfolgreicher Mensch zu werden. Aber wann ist ein Mensch “glücklich” und “erfolgreich” und was bedeutet überhaupt „fördern“?
Wieviel Förderung braucht ein Kind zur gesunden Entwicklung und wo beginnt eine „Überforderung“, die für Eltern und Kinder nicht gesund ist? Der folgende Beitrag will versuchen, auf diese schwierige Frage Antworten zu finden und zum Nachdenken anzuregen …
Gut zu wissen
Wir Eltern haben oft viel Druck, denn alle wollen das Beste für ihr Kind, aber niemand weiß wirklich genau, was das ist: Das BESTE. Die Unsicherheit unter uns Eltern ist oftmals groß und Vergleiche beginnen schon ganz früh, denn der Entwicklungsstand der Kinder ist häufig unterschiedlich:
- In der Eltern-Kind-Gruppe stellt sich ein Kind schon auf, während das andere noch nicht krabbelt.
- Im Kindergarten kann das eine Kind wunderschöne Bilder malen und das andere Kind baut “nur” auf dem Bauteppich oder tobt im Garten.
- In der Grundschule fällt es dem einen Kind leicht, dem Unterrichtsstoff zu folgen, während ein anderes Kind lieber der Gärtnerin beim Pflanzen zuschaut und ein weiteres vor sich hin träumt.
Unterschiedliche Entwicklungsstände sind normal und kein Grund zur Besorgnis!
Entwicklungsbereiche des Kindes
Die Vergleiche gehen oft bis zum Schul- oder Berufsabschluss und immer wieder verspüren Eltern Druck und Unsicherheit:
- Wird mein Kind einen so guten Schulabschluss machen, dass es eine Arbeitsstelle finden kann?
- Wird mein Kind einen Ausbildungsplatz oder Studienplatz bekommen?
- Wird mein Kind später so viel Geld verdienen, dass er oder sie mit seiner/ihrer Familie davon gut leben kann? Am liebsten sogar besser noch als wir, die Eltern….?
Letztendlich sollte es bei all diesen Fragen darum gehen, ob das Kind ein glückliches und zufriedenes Leben führen kann.
Überforderung
Der Tag eines Kindes kann schnell stressig werden durch Eltern, LehrerInnen, ErzieherInnen und weitere Menschen, die es immer wieder überfordern – manchmal ohne dies selbst zu bemerken und ganz ohne böse Absicht. Häufig ist es auch der Druck durch „die Gesellschaft“, durch Erwartungen von außen, was ein Kind schon „können muss“ oder wie es gefördert werden sollte.
Aber auch wir Eltern haben Erwartungen an unser Kind, die wir als Druck übertragen. Es soll:
- sportlich sein.
- ein gutes Sozialverhalten zeigen.
- künstlerisch begabt sein.
- möglichst ganz leicht ein gutes Abitur schaffen.
- viele Freunde haben, und dazu noch die Richtigen.
- gutaussehend und allseits beliebt sein.
Es ist wichtig, sich die eigenen Erwartungen und die des Partners an das Kind bewusst zu machen. Es kann sinnvoll sein, sich von Zeit zu Zeit selbst zu fragen:
“Welches Bild habe ich von meinem Kind?”
“Was erwarte ich von ihm?”
“Was erwartet mein Partner/meine Partnerin von unserem Kind?”
“Wollen wir, dass es unser Kind “einmal besser hat als wir” und üben dadurch unbewusst Druck auf das Kind aus?”
Um Überforderung zu vermeiden, sollte man genau auf sein Kind schauen. Die Grenze zwischen Fördern und Überfordern ist oftmals fließend und im Alltag schwer (für uns Eltern) zu erkennen. Das Kind zeigt uns durch verschiedene Verhaltensweisen ziemlich genau, wann es überfordert ist.
Überforderte Kinder haben manchmal:
- keine Lust, eine Tätigkeit weiterzuverfolgen.
- kein Interesse mehr und drehen ihren Kopf beiseite.
- verkrampfte Gesichtszüge.
- körperliche Symptome wie Kopfschmerzen, Muskelverspannungen, etc.
- keine Lust, weitere Aufgaben überhaupt erst anzufangen.
- keine Lust auf eine wirklich gelingende Lösung der Aufgabe.
- schlechte Laune (und die zeigen sie oftmals in mürrischen Antworten).
- das Bedürfnis, sich völlig zurückzuziehen und gar keinen Kontakt mehr zuzulassen.
- Stress.
Wir Eltern können unseren Kindern dabei helfen, die Überforderung wahrzunehmen und diese auch zu äußern. Wir können unsere Kinder außerdem dabei unterstützen, mit Überforderungen immer besser umzugehen und auch mal Aufgaben abzuwenden und “nein” sagen zu lernen.
Vor allem aber können wir Eltern die Anforderungen unserer Gesellschaft heute wahrnehmen und mit dem Kind darüber sprechen. Dann können wir gemeinsam überlegen, inwieweit wir diesen Erwartungen nachgegeben wollen oder müssen.
Förderung
Schauen wir uns nun an, was Kinder herausfordert, welchen Lern- und Lebensaufgaben sie sich gerne stellen und warum sie dies tun. Kinder lernen gerne, mit viel Freude und Ausdauer:
- Sachen, für die sie sich von selbst interessieren.
- Dinge, die ihnen jemand (zu dem sie eine gute Beziehung haben) nahe bringen kann.
- wenn sie sich selbst ein Ziel stecken konnten.
- wenn sie sich in einer Gruppe wohlfühlen.
- wenn sie einen Beitrag zum Wohle ihrer Gruppe leisten können.
- wenn es Spaß macht.
Zum Mitmachen und Mitdenken
- Überlege gemeinsam mit Deiner Familie und insbesondere Deinem Kind, was Euch wirklich wichtig ist. Macht Euch frei von allzu hohen Erwartungen von außen.
- Überlege mit Deinem Partner/Deiner Partnerin, welche Erwartungen Ihr selbst an das Kind haben und ob Ihr dadurch unbewusst Druck erzeugt. Sprecht gemeinsam über Eure Erziehungsziele.
- Achte genau auf Dein Kind und seine Signale. Das Kind zeigt Dir, was es überfordert und belastet. Schon mit 3-jährigen Kindern können wir über dieses Thema sprechen. Frag einfach mal Dein Kind.
- Das Kind zeigt Dir genauso auch, woran es Freude hat und was ihm leicht fällt, was es gerne erfahren und lernen möchte. Gib Ihm dieses „Futter“.
- Vertraue auf die Signale Deines Kindes. Gib Deinem Kind das, was es wirklich interessiert. So wird es auf spielerische Art und Weise seinen Bedürfnissen entsprechend gefördert und ist gut gerüstet für ein glückliches Leben. Es trägt den eigenen Kompass dafür bereits in sich. Vertraue darauf!
Und sonst noch
Andere Bausteine
Fördern im Alltag
Fördern muss nicht teuer sein
Signale der Überforderung
Oasen im Alltag
Literatur
- Bergmann, Wolfgang: Lasst Eure Kinder in Ruhe! Gegen den Förderwahn in der Erziehung. Kösel Verlag. Louv, Richard: Das letzte Kind im Wald? Geben wir unseren Kindern die Natur zurück! Mit einem Vorwort von Gerald Hüther. Herder Verlag.
- Weber, Andreas: Mehr Matsch! Kinder brauchen Natur. Ullstein Taschenbuch.
Links
“Familienflüsterer” Jesper Juul
Videos
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Prof. Dr. Gerald Hüther – Gelassenheit hilft: Anregungen für Gehirnbenutzer
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