Darum geht’s
Eine partnerschaftliche Aufteilung Beruf und Familie, eine gute Beziehung zu den Kindern von Anfang an, Gesundheit, Zeit zur Verwirklichung eigener Bedürfnisse und Zufriedenheit in und mit der Partnerschaft. Das sind Wünsche von jungen Männern und Frauen, die in zahlreichen Studien und Befragungen immer wieder geäußert werden. Die Wirklichkeit weicht oft von der Wunschvorstellung ab. Wie kann die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit geschlossen werden und Vereinbarkeit auf der individuellen Ebene und in der Partnerschaft gelingen?
An dieser Stelle wird keine „ideale“ Lösung aufgezeigt, sondern Möglichkeiten skizziert. Es geht mir darum, die Verbindungen der Entwicklungslinien von Beruf, Partnerschaft und Vatersein aufzuzeigen und Phantasie und Gedanken anzuregen, eigene Wege zu gehen. Denn nur das, was Sie sich vorstellen können, hat eine Chance, Wirklichkeit zu werden. Dazu braucht es den Mut es auszusprechen, gemeinsame Pläne zu schmieden, Vereinbarungen in der Partnerschaft zu treffen und diese in den Verhandlungen mit den Arbeitgebenden durchzusetzen. Das klappt vielleicht nicht im ersten Anlauf, aber wie heißt es im Sport „Übung macht den Meister“.
Gut zu wissen
Arbeiten um zu leben, oder …
Nach Ausbildung oder Studium einen Job, der die Erfüllung der materiellen Bedürfnisse und gesellschaftliche Anerkennung verspricht, das wird von vielen als guter Start ins Leben angesehen. Arbeitszeiten spielen da zunächst keine große Rolle und wenn’s Spaß macht und die Kolleg*innen nett sind, wird der Arbeitsplatz vielfach zum zweiten Zuhause, arbeiten und leben gehen ineinander auf.
Der Blick auf diese Situation ändert sich, wenn eine andere Partnerschaft bzw. Beziehung an ihre Stelle tritt. Die nun gewünschte Zeit füreinander und die Verfolgung gemeinsamer Interessen verschiebt die Prioritäten und macht andere Entscheidungen erforderlich. Es ist sehr hilfreich, insbesondere wenn die Partnerschaft eingespielt ist, sich Zeit zu nehmen und zu überlegen, was gemeinsam erreicht werden soll und welcher Einsatz von wem dazu notwendig ist. So können falsche Erwartungen erst gar nicht entstehen und Enttäuschungen vermieden werden. Zufriedenheit ist ein ganz wichtiger Faktor für die Stabilität von Beziehungen.
Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Unternehmen haben ein Interesse, zur Erreichung ihrer Unternehmensziele die Potenziale ihrer Beschäftigten optimal zu nutzen. Dazu gehört auch, zumal in Zeiten des Fachkräftemangels in vielen Branchen, die individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten zu kennen, auf ihre familiären Belange zu reagieren und entsprechende Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu machen. Durch die Partnermonate und die Inanspruchnahme der Elternzeit durch Väter werden diese zunehmend auch einbezogen.
Die Angebotspalette bezieht sich in erster Linie auf die Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Arbeitsorten und eine Orientierung auf die Lebensphasen der Beschäftigten. In allen drei Bereichen gibt es eine Fülle von Instrumenten und Maßnahmen:
– Gleitzeiten und Arbeitszeitkonten
– Teilzeit und vollzeitnahe Arbeitszeiten
– Homeoffice und mobiles Arbeiten
– Angebote zur Betreuung von Kindern und zu pflegenden Angehörigen
– Hilfe im Haushalt durch Dienstleistungen
Große Unternehmen haben in der Regel mehr Angebote als kleinere, letztere haben aber den Vorteil, dass sie die Bedürfnisse ihrer Beschäftigten kennen und flexibler auf plötzlich eintretende Ereignisse reagieren können. In jedem Fall liegt es an Ihnen, Ihre Anliegen zu thematisieren und das, was Ihnen ihre Vereinbarkeit erleichtert, in Anspruch zu nehmen bzw. einzufordern.
Was bedeutet Vereinbarkeit für Sie?
Der Begriff Vereinbarkeit wird heute vielfach auch mit ‚Work-Life-Balance‘ umschrieben und mit dem Bild einer Waage versehen. Arbeit und Leben sind dabei ausgeglichen, wenn die Gewichte bzw. Belastungen auf beiden Seiten identisch sind. Diese Vorstellung ist meines Erachtens nicht zielführend. Arbeit ist ein Teil des Lebens und keine andere Welt. In allen Bereichen des Lebens gibt es Belastungen und kann Anerkennung und Wertschätzung geschöpft werden. Da der Alltag, zumal mit Kindern und zwei erwerbstätigen Erwachsenen nicht linear verläuft, ist es sinnvoll zu ausgewählten Zeitpunkten gemeinsam zu überprüfen, ob die Bilanz ausgeglichen ist und was ggf. verändert werden kann.
In die Waagschalen gehören dann auf der einen Seite die Dinge, die Ihnen wichtig sind:
– Zeit für Kinder und Partnerschaft
– gemeinsame Erlebnisse und Unternehmungen
– beruflicher Erfolg
– Gesundheit und Zufriedenheit
– Glücksmomente
– Anerkennung und Wertschätzung
In die andere Schale legen Sie den Aufwand, den Sie betrieben haben um das, was Ihnen wichtig ist zu erreichen. Die Entscheidung, ob sich dieser gelohnt hat, ob die Anteile die Sie und Ihre Partnerin dazu beigetragen haben ausgeglichen sind und ob die gegenseitigen Erwartungen erfüllt wurden, können Sie nur gemeinsam treffen. Das gleiche gilt für notwendige Veränderungen in der Aufgabenverteilung.
Einmal ist keinmal
Für die erfolgreiche Umsetzung Ihrer Vorstellungen von Vereinbarkeit ist es enorm wichtig, mit Ihrer Partnerin bzw. Ihrem Partner darüber zu sprechen und auszuhandeln, wer, wann in welchem Umfang erwerbstätig ist, wer sich um Kinder Haushalt und Familie kümmert, wer wann welche beruflichen Entwicklungsziele verfolgt und wie auf der Grundlage dieser Entscheidungen die alltäglichen Dinge geregelt werden. Das ist relativ einfach, solange noch keine Kinder zur Familie gehören. Aber spätestens wenn sie da sind, ist es an der Zeit, sich Gedanken dazu zu machen. Wenn beide noch im Job sind, lässt sich leichter auf Augenhöhe darüber verhandeln. Lassen Sie sich nicht von wohlmeinenden Ratschlägen wie ‚das könnt Ihr euch ja gar nicht vorstellen, wie es mit Kindern sein wird‘ und ‚das kann man doch vorher gar nicht planen‘ davon abbringen. Es kommt vielleicht anders, aber neue Herausforderungen lassen sich mit abgesprochenen Entscheidungen und einem ‚Plan B‘ gemeinsam leichter bewältigen.
Einige Arbeitgeber bieten bereits eine ‚Vereinbarkeitsberatung‘ für ihre Beschäftigten gemeinsam mit dem Partner bzw. der Partnerin an, fragen Sie ihren danach. Wenn es das in Ihrem Betrieb bzw. dem Ihrer Partnerin noch nicht gibt, ziehen Sie erfahrene Kolleg*innen oder Freunde zu Rate oder nehmen professionelle Unterstützung in Anspruch. Diese Investition rechnet sich in jedem Fall.
Da nichts einfacher ist, als in alte Gewohnheiten zu verfallen und Pläne, auch wenn sie am Kühlschrank hängen oder in der Küchenschublade liegen, geduldig sind, ist es elementar wichtig, regelmäßige Zeitpunkte zur Wiedervorlage zu vereinbaren und erneut darüber zu sprechen. Zumal das, was Zufriedenheit ausmacht und wie wichtig beruflicher Erfolg ist ebenso Veränderungen unterliegt wie die Ansprüche heranwachsender Kinder.
Zum Mitdenken und Mitmachen
Aus welchen Quellen schöpfen Sie Zufriedenheit und Glück?
Wissen Sie, wieviel Zeit Sie wöchentlich für
– Arbeit,
– Familie,
– Partnerschaft,
– Freunde und
– Hobbies
aufwenden? Wie zufrieden sind Sie mit dieser Verteilung?
Wie haben Sie und Ihre Partnerin die Aufteilung von Erwerbs und Familienarbeit geplant und wie sieht die Wirklichkeit aus?
Sprechen Sie mit Ihrer Partnerin regelmäßig über diese Aufteilung und Ihre jeweilige Zufriedenheit damit?
Kennen Sie die Angebote Ihres Betriebes zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie? Welche haben Sie schon einmal genutzt?
Welche Gedanken kommen Ihnen in den Kopf, wenn Sie sich vorstellen, Ihre Erwerbsarbeitszeit zu reduzieren? Was muss passieren, damit Sie es machen.
Und sonst noch
Literatur
ATKearney, Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Väter begehren auf
http://www.atkearney.de/documents/6645533/9249916/A.T.+Kearney+Familienstudie+2016.pdf/976ce5c8-0bb8-4d62-9090-59a1633dbc81
Beste-Fopma, Nicole; Beruf und Familie – Passt! So finden Eltern den richtigen Arbeitgeber; Frankfurt 2018
BMFSFJ, Väter und Vereinbarkeit – Leitfaden für väterorientierte Personalpolitik
https://www.bmfsfj.de/blob/jump/121314/vaeter-und-vereinbarkeit-data.pdf
Brost, Marc und Wefing, Heinrich; Geht alles gar nicht, Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können; Hamburg 2015
‚Geht doch!‘ Das Magazin von Erfolgsfaktor Familie
https://www.erfolgsfaktor-familie.de/geht-doch-das-magazin-von-erfolgsfaktor-familie.html
Küper, Wolf, Eine Million Minuten, Wie ich meiner Tochter einen Wunsch erfüllte und wir das Glück fanden; München 2016
Lohaus, Stefanie und Scholz, Tobias; Papa kann auch stillen, Wie Paare Kind, Job und Abwasch unter einen Hut bekommen, München 2015
Links
Das Väterportal NRW zu Partnerschaft & Familie https://www.vaeter.nrw/partner-familie
Vereinbarkeit von Familie & Beruf gestalten! Das Portal des Deutschen Gewerkschaftsbundes http://vereinbarkeit.dgb.de/
Das Programm „Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestalten“
https://www.erfolgsfaktor-familie.de/
Fokusseite: Väter wünschen sich bessere Vereinbarkeit
https://www.erfolgsfaktor-familie.de/fokusthema-vaeterfreundlich.html
Infoseite des Bundesfamilienministeriums zu den Leistungen für Familien https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/familie/familienleistungen
Vereinbarkeit: Vision oder Realität?
https://www.rolandberger.com/de/Blog/Vereinbarkeit-Vision-oder-Realit%C3%A4t.html
Videos
Work-Life-Balance in der digitalen Welt https://youtu.be/b825c9MsSZQ
XING spielraum fragt nach: Wie vereinbaren Sie Familie und Beruf? https://youtu.be/8GSpYyc_BLM
Männer leiden unter der Vereinbarkeitslüge
http://www.zeit.de/video/2014-01/3122788497001/familie-maenner-leiden-unter-der-vereinbarkeitsluege
plan b: Glückliche Familien – zufriedene Chefs (bis 28.4.2019 verfügbar)
https://www.zdf.de/gesellschaft/plan-b/plan-b-glueckliche-familien—zufriedene-chefs-100.html
Väter zum Thema Familie und Vereinbarkeit https://www.vaeter.nrw/homepage-media-center
Familie Schlüter: Kinder und Karriere NDR extra 3 https://youtu.be/MkP1w_mpW9c
Nigel Marsh: Wie man die Balance zwischen Beruf und Privatleben findet (TEDx in englischer Sprache) https://youtu.be/jdpIKXLLYYM
Podcast
Die Sicht der Väter bei der Vereinbarkeitsdiskussion
http://www.carolinhabekost.de/2017/09/26/hans-georg-nelles/
Papas at Work
http://1m2konh.podcaster.de/download/009_Hans-Georg_Nelles.mp3