Darum geht’s:
Der Schulanfang ist eine spannende Zeit. Nicht nur für die Kinder, auch für die Familien. Eine humorvolle (ganz eindeutig subjektive) Betrachtung aus der Sicht eines Vaters.
Gut zu wissen:
Die Einschulung des ersten Kinds ist ein Ereignis, das einem Vater noch lange in Erinnerung bleibt. Familiäre Unruhe davor und danach ist erwartbar. Um diese zu verhindern hilft nur durchatmen und aushalten.
Ach, wie groß und bunt ist doch dieses Internet. Man sieht sich kaum satt vor lauter Super-Papa Artikeln auf unterschiedlichsten Websites. Die Podcast-Welt ist voll mit Folgen darüber, was den Kleinen am meisten Spaß macht und wie einfach es doch ist, freie Zeit mit den Kids zu gestalten. Alles untermalt von bunten Bildern mit fröhlichen Papas, immer glücklich lachenden Kindern und völlig entspannten Mamis, die den neuesten Kinderwagen vor sich her schieben. Verbunden alles mit kurzen Schnell-Check-Klick-Tests, wie man in 15 Minuten ein besserer Papa sein kann.
Traute Welt, trautes Glück.
Also, ich weiß ja nicht… Nach 7 Jahren Papa-Dasein fällt es schwer, alles nur durch die rosarote Brille zu sehen. Es tut mir leid, liebe Leser, die ihr vielleicht noch unerfahren seid und voller Freuden auf die kommenden Jahre schaut. Wenn es endlich soweit ist, dass der Nachwuchs das Licht der Welt erblickt: Alles hat zwei Seiten. Und das ist gut so.
Besonders herausfordernd wird die Zeit, wenn ungefähr 1,5 Jahre vor dem 6. Geburtstag des ersten Kinds Post von der Kommune im Briefkasten landet. Die Einladung zum 1. Infonachmittag anlässlich der Einschulung.
Einschulung? Wie kann das sein? Schon? Das Kind ist doch gerade erst geschlüpft. Ja, die Realität trifft hart. Der Knabe wird groß. Er zieht zwar noch nicht aus, aber der nächste große Schritt steht unwiderruflich an.
Vier Wochen später stehe ich in einer völlig überfüllten Aula einer Grundschule in meiner Stadt. Ganz hinten, letzte Reihe. Draußen hochsommerliche Temperaturen. Drinnen auch, da die Heizung eingeschaltet ist (sic!) und der Hausmeister nicht gefunden werden kann. Auf Grund der defekten Mikroanlage lässt sich kaum hören, was vorne berichtet wird. Im Stille-Post-Effekt werden die notwendigen Informationen nach hinten getragen. Der Wahrheitsgehalt der Nachrichten ist also ordentlich durchweicht, so wie das T-Shirt. Quintessenz: Das werden spannende Zeiten.
Erkenntnis des Tages: Eltern können schlimmer sein als die Kinder.
Schnitt. Nun ist Ende des Jahres, der Infoabend bereits sehr lange her. Sogar bereits die ersten Ferien. Das Kind geht seit einem knappen halben Jahr in die Schule. Die ersten Tränen sind vergossen, Tobsuchtsanfälle ausgehalten und Wutattacken verarbeitet. Beim Kind auch.
Ich kann immer noch nicht einschätzen, ob es uns gut erwischt hat. 27 Kinder in der Klasse. Einige davon sind aus der Kita mitgekommen. Was die Namenslernquote etwas erleichtert. In der Klasse haben wir alles. Kinder mit jeden Morgen rotierenden Helikopter-Mamas, Kinder aus eher bildungsferneren Familien, Kinder mit Beeinträchtigungen. Eine gute Mischung eigentlich.
Ich hole meinen Sohn regelmäßig aus der Offenen Ganztagsschule ab. Um mich rum warten dann nahezu ausschließlich Mütter, um ihre Kinder abzuholen. Trotz immer mehr verbreiteter Väter-Elternzeit und halbwegs vorhandener Großstadtmentalität fällt es schwer, Anschluss an die Informationsfülle der zum großen Teil Vollzeit-Mamas zu halten.
Als Vater ist man im System Schule ein Alien. Und als nicht alleinerziehender Vater hat man nun zwei Optionen: Sich völlig einmischen und mitdiskutieren oder sich völlig heraushalten. Einen Mittelweg gibt es nicht. Hat man einmal das Signal gegeben, beim Adventsmarkt mitzuhelfen oder beim Martinsfest Getränke zu verkaufen, so ist man drin. Kein Entrinnen aus dem inneren Zirkel mehr möglich. Es reicht dabei schon, einmal eine differenzierte und mehrheitskonforme Meinung in einer Halböffentlichkeit kundgetan zu haben. Und gerade als Vater ist man gerne gesehen im Kreise der Engagierten. Bis zum Ende der Grundschulzeit. Dann geht alles wieder von vorne los. Auf Haupt-, Real- oder Gesamtschule oder Gymnasium.
Die Zeit vor der Einschulung. Oder: Wenn es im Kindergarten langweilig wird.
- Nutzt das letzte halbe Jahr, um mit dem Kind neue Dinge auszuprobieren, die später nicht mehr so einfach möglich sind. Nehmt Euer Kind noch mal hier und da aus der Kita heraus. Macht Ausflüge innerhalb der Woche oder fahrt noch mal für mehrere Tage weg. Das wird später nicht mehr so einfach möglich sein.
- Geht mit einer inneren Lockerheit zu Elternabenden und Infonachmittagen der neuen Schule. Setzt euch in die letzte Reihe und nehmt den Beobachtungsposten ein. Glaubt mir, verbissen sind vor Ort Andere. Beobachtend erhaltet Ihr so die für euch wichtigen Infos, ohne sich emotional zu sehr zu beteiligen.
- So Ihr nicht alleinerziehend sind, teilt euch die Anwesenheit auf Infoveranstaltungen auf. Der Informationsgehalt ist nicht so hoch, dass beide Elternteile notwendig sind.
- Nehmt zum Anmeldetermin an der Schule die Namen der Kinder aus Kita, Freundeskreis und Nachbarschaft mit, mit denen euer Kind gerne in eine Klasse möchte.
- Lasst euch nicht beirren. Auch wenige Wochen vor der Einschulung gibt es noch genügend Tornister für die Kleinen. Macht euch nicht verrückt, wenn bereits zu Weihnachten vorher Fachgespräche in der Kita beginnen und die notwendige Ergonomie von Markenprodukten verglichen wird.
Die heiße Phase: Der Tag der Einschulung und danach
- Tatsächlich kann man das Gefühl haben, Einschulungen haben gesellschaftlich gesehen den Stellenwert von Hochzeitsfeierlichkeiten erhalten. Gefühlt gilt auch hier größer – höher – schneller – aufwändiger. Beteiligt euch sich nicht an diesem Wettlauf! Freut euch mit eurem Kind, dass es nun in der Schule lernen darf. Geht mit der Familie an diesem besonderen Tag essen, wenn Ihr mögt. Aber gebt dem Kind den Raum, den es benötigt. Denn am kommenden Tag geht es im Klassenraum los und der Alltag beginnt.
- Grundschulen haben in der Regel keine großen Aulas. Ladet daher nicht die ganze Großfamilie ein. Meist haben Onkel und Tanten keinen Platz mehr und sind enttäuscht, wenn sie nicht mit dabei sein können.
- Lasst euch vom Kind das Klassenzimmer und den Tisch zeigen, an dem es sitzt. Das macht stolz und Ihr habt einen visuellen Ort im Kopf, an den Ihr denken könnt. Merkt euch auch die Namen der Sitznachbarn. Diese werden in den kommenden Wochen immer präsenter sein.
Die ersten Tage und Wochen danach.
- Überprüft Eure Erwartungshaltungen. Fangt nicht an, den Schulalltag des Kindes mit Eurem eigenen zu vergleichen. Eure persönlichen Erfahrungen mit der Grundschule haben kaum noch etwas mit der heutigen Realität zu tun. (Mit Ausnahme der Aura und dem Geruch des Klassenzimmers vielleicht.) Die Kids lernen anders. Sie schreiben wie sie hören. Sie rechnen anders. All dies sorgt bei Eltern für Verunsicherung und teilweise auch Unverständnis. Aber das wird sich mit der Zeit legen. Zu Hause habt Ihr die Möglichkeit, Entwicklungen zu kompensieren.
- Dieser Punkt kann besonders technik-affinen Vätern schwer fallen: Ärgert euch nicht über die Ausstattung der Schulen. Tafeln und Kreide gehören immer noch zum Alltag. Ihr könnt kaum etwas verändern bzw. nicht kurzfristig. Oder Ihr ärgert euch und wollt etwas verändern. Dann siehe Hinweis oben „drin sein“.
- Hängt den Stundenplan dorthin, wo die Familie regelmäßig gemeinsame Zeit verbringt. Zum Beispiel an der Pinnwand in der Küche. So ist er stets präsent und Ihr könnt immer wieder Fragen zum Unterricht stellen und Antworten erhalten.
- Geht zum 1. Elternsprechtag. Auch wenn die Sprechzeit pro Kind bei einer großen Klasse ganze 5 Minuten lang sein kann, so bekommt Ihr einen ersten wirklichen Eindruck von der Klassenlehrerin/dem Klassenlehrer. Vorher ist das Bild sehr stark durch die Äußerungen des Kinds geprägt.
- Meidet WhatsApp Eltern-Gruppen, die engagierte Eltern angelegt haben. Der Informationsgehalt der Gruppen lässt meist zu wünschen übrig. Oft handelt es sich um emotionalen Austausch, verbunden mit vielen Gerüchten um Geschehnisse auf dem Schulhof, vorzugsweise am Abend gepostet. Von all diesen Dingen nichts zu erfahren, schont Nerven. Die wirklich wichtigen Informationen erhaltet Ihr eh per E-Mail direkt von der Schule.
Diese Liste könnte noch erweitert werden. Und diese hier spiegelt auch nur die subjektive Einschätzung eines einzelnen Vaters wieder. Mittlerweile sind ein paar Monate ins Land gegangen. Einiges hat sich relativiert, einiges ist doch elementarer geworden als gedacht.
Zum Mitmachen und Mitdenken:
Wie sieht Eure Liste aus? Was möchtet Ihr für euch, euer Kind und eure Familie bedenken?
Ihr werdet euren Weg finden. Ganz bestimmt. Und eure persönliche Liste wird vermutlich anders aussehen. Konzentriert euch in dieser spannenden Lebensphase auf das Kind, aber lasst euch selbst nicht außer Acht. Dabei viel Erfolg! Ihr schafft das!
Und sonst noch:
Während der Erstellung dieses Textes ist unserem Sohn der 1. Zahn herausgefallen. Ein Einschnitt, der im wahrsten Sinne des Wortes zu erkennen ist. Im Mund, aber auch im Verhalten des Kinds. Er ist nun Schulkind. Die Zahnlücke ist Status Symbol und wird seit gestern mit Stolz getragen. Das sind wirklich wichtige Dinge im Leben eures Kinds. Die nichts in einer WhatsApp-Gruppe zu suchen haben. Außer in der Familien-Gruppe. 🙂
Links:
Einschulung – das kommt auf Euch zu
Einschulung – der große Tag richtig vorbereitet
Einschulung – 10 Tipps für einen guten Schulstart
Expertentipps – so gelingt der Schulanfang