Vater sein heute – Möglichkeiten der Elternzeit

Darum geht’s

Jeder Mann, der heute Vater wird, möchte ein guter Vater sein und es nach Möglichkeit besser machen als der eigene Vater. Dazu kommt eine Reihe weiterer Erwartungen – eigene, die der Partnerin, des gesellschaftlichen und beruflichen Umfelds und viele andere. Elternzeit und Elterngeld sind zwei Angebote, die den gemeinsamen Start ins Familienleben erleichtern. Welche verschiedenen Modelle und Möglichkeiten gibt es?

 

Gut zu wissen

Die gesetzlichen Regelungen zur Elternzeit bieten viel mehr Möglichkeiten als die mehrheitlich bekannten zwei Väter- bzw. Partnermonate. Sie können zwischen verschiedenen Modellen wählen, alleine Elternzeit oder gemeinsam mit Ihrer Partnerin so genannte Elterngeld-Plusmonate in Anspruch nehmen. Für diese Zeit ganz aus dem Beruf aussteigen oder zumindest zeitweise bis zu 30 Stunden im bisherigen Betrieb oder ggf. auch in einem anderen im Umfang bis zu 30 Stunden arbeiten.

Wichtig ist, dass Sie rechtzeitig darüber sprechen und aushandeln, wer wann und in welchem Umfang Elternzeit nimmt und sich um die Kinderbetreuung kümmert. Wer in dieser Zeit in welchem Umfang die finanzielle Absicherung Familie sicherstellt und wessen berufliche Entwicklung zu welchem Zeitpunkt Vorrang hat. Die gesetzlichen Regelungen bieten Ihnen zudem zahlreiche Möglichkeiten, sich alle anfallenden Aufgaben partnerschaftlich aufzuteilen. Wenn Sie sich mit Ihrer Partnerin geeinigt haben, können Sie auch rechtzeitig bei den jeweiligen Arbeitgebenden ‚sondieren‘, ob Ihr Vorhaben unterstützt wird, oder ob Sie noch Überzeugungsarbeit leisten müssen.

Viele Väter sind Planer und möchten am liebsten alles geregelt haben bevor die Partnerin schwanger wird. Der passende Familien-Van, das eigene Haus und im Job soll auch alles in trockenen Tüchern sein. Je nach beruflichem Entwicklungsweg vergehen dann gut und gerne 35 Jahre. Eine Vaterschaft ist dann nicht nur eine bewusste Entscheidung, sondern auch eine  Umstellung des bisherigen Lebens und es ist normal, dass Väter dann nicht nur der ‚Ernährer‘ Ihres Kindes sein wollen, sondern von Anfang an dabei sein, die Entwicklung aktiv mitgestalten und eine stabile Bindung und Beziehung zum Kind aufbauen möchten.

Viele Familien wollen Karriere und Kinder unter einen Hut bringen und sich nicht für eines von beidem entscheiden müssen. Dementsprechend wünschen sich fast zwei Drittel der jungen Väter (und Mütter) auch eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit. Dass dies nicht allen gelingt, hängt auch damit zusammen, welche Anerkennung und Wertschätzung in Gesellschaft und Unternehmen, auch in Form von Bezahlung für die unterschiedlichen Tätigkeiten gewährt wird.

Mit welchen Erwartungen werden Väter konfrontiert?

Viele Väter wollen alles unter einen Hut bringen:
– ich habe ausreichend Zeit für Familie und Kinder
– ich bin ein liebender und verständnisvoller Partner
– ich bin sozial kompetent und besitze umfangreiche Fähigkeiten als Familienmanager
– ich bin beruflich erfolgreich und stelle die finanzielle Versorgung der Familie sicher

Und das selbstverständlich alles gleichzeitig. Oft stellen Väter aber fest, dass es mit der von Politik und Unternehmen gepriesenen Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Leben nicht ganz soweit her ist.

Durch die Entscheidungen vor (oder nach) der Geburt des ersten Kindes werden aber Weichenstellungen vorgenommen, die später schwer oder kaum zu ändern sind, weil sich zum Beispiel Einkommen, die vorher nah beieinanderlagen, auseinanderentwickeln. Besser ist es, sich die Erwartungen genauer anzusehen und diese zu reduzieren oder auch zu ignorieren.

Was macht Druck auf die Väter?

Neben den vor allem durch den Rollenwandel bedingten Unsicherheiten, wann und in welchem Umfang Sie Ernährer und fürsorglicher Vater sein können oder müssen, ist es vor allem das Gefühl, zu wenig Zeit zu haben und Nichts und Niemandem mehr gerecht zu werden. Mit diesen Widersprüchen stehen Sie nicht alleine da.

Vier von zehn Vätern wünschen sich eine (annähernd) gleiche Aufteilung der Erwerbsarbeit, lediglich 15 Prozent berichten über eine partnerschaftliche Arbeitsteilung. 51 Prozent der Väter möchte gerne mehr als drei Monate Elternzeit in Anspruch nehmen, von den Vätern, die in Elternzeit gehen, nehmen lediglich 17 Prozent drei oder mehr Monate in Anspruch.

Dazu kommen häufig Unsicherheiten in Bezug auf die betrieblichen Reaktionen: Wie wird meine berufliche Entwicklung verlaufen, wenn ich mehr als die zwei ‚Vätermonate‘ in Anspruch nehme? Was sagen meine Vorgesetzten, meine Kollegen und Kolleginnen dazu?

Dieser Druck wird häufig durch die Befürchtung, dass kinderlose Kollegen und Kolleginnen ohne Einschränkungen zur Verfügung stehen, noch erhöht.

Was gewinnen Väter?

Es macht Sinn, für die Elternzeit im Betrieb zu kämpfen. Im Extremfall könnte man sogar über einen beruflichen Wechsel nachdenken. Denn eines sollte klar sein: Auch im unwahrscheinlichsten Fall, dass Ihr Arbeitgeber eine (längere) Elternzeit mit einem Karriereende oder gar einem Rausschmiss ‚ahnden‘ möchte, steht dem in der Lebensbilanz viel mehr Positives gegenüber: Sie haben eine stabile Bindung und auf deren Grundlage eine gute Beziehung zum Kind aufgebaut. Sie können Prioritäten setzen und wissen, welche Bedeutung ihr Engagement in Familie für eine zufriedenstellende Partnerschaft und Ihre berufliche Leistungsfähigkeit hat.

Diese Zufriedenheit hat, das zeigen Langzeitstudien aus Skandinavien, unmittelbare Auswirkungen auch auf die Stabilität Ihrer Partnerschaft und Ihre Lebenserwartung: Beide währen länger. Und als Sahnehäubchen oben drauf, Sie haben nicht nur länger etwas vom Leben, und erfahren dabei auch das ganze Leben. Denn Arbeit macht höchstens die Hälfte aus.

Zum Mitdenken und Mitmachen

Wann haben Sie das letzte Mal mit ihrer Partnerin über die Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit gesprochen?
Sind Sie und Ihre Partnerin sich einig darüber, wie sie die Betreuung ihres Kindes regeln möchten?
Welche beruflichen Entwicklungsziele verfolgen Sie, und welche ihre Partnerin?
Sind Sie mit dem Umfang ihrer Arbeitszeit zufrieden?
Haben Sie Freunde, Kollegen oder Bekannte die bereits Elternzeit genommen haben?
Lassen Sie sich nicht von gutgemeinten Ratschlägen wie ‚Nun bekommt doch erst mal das Kind, danach ist eh alles anders, das kann man vorher gar nicht planen‘ beeinflussen.
Wissen Sie, welche Angebote Ihr Betrieb zur Erleichterung der Vereinbarkeit den Beschäftigten macht?
Haben Sie schon einmal mit Ihren Vorgesetzten über das Thema Familie gesprochen?
Bereiten Sie Ihr Gespräch zum Thema Elternzeit gut vor und nutzen dabei die Erfahrungen von Freunden, Kollegen oder Bekannten!

Und sonst noch

Literatur

BMFSFJ; Broschüre Elterngeld, ElterngeldPlus und Elternzeit https://www.bmfsfj.de/blob/jump/93614/elterngeld-elterngeldplus-und-elternzeit-data.pdf
Brost, Marc und Wefing, Heinrich; Geht alles gar nicht, Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können; Hamburg 2015
Lohaus, Stefanie und Scholz, Tobias; Papa kann auch stillen, Wie Paare Kind, Job und Abwasch unter einen Hut bekommen, München 2015
Peukert, Almut; Aushandlungen von Paaren zur Elternzeit, Arbeitsteilung unter neuen Vorzeichen; Wiesbaden 2015
Schäfer, Eberhard und Richter, Robert; Das Papahandbuch: Alles, was Sie wissen müssen zu Schwangerschaft, Geburt und dem ersten Jahr zu dritt; München 2013

Links

Das Väterportal NRW http://www.vaeter.nrw
Väter in Niedersachsen http://www.vaeter-in-niedersachsen.de/
Infoseite des Bundesfamilienministeriums zum Thema Elternzeit https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/familie/familienleistungen/elternzeit
Im Familienwegweiser finden Sie Antworten auf Fragen zu Elternzeit und Elterngeld http://www.familien-wegweiser.de/wegweiser/Service/fragen-und-antworten.html
Elternzeit planen und Elterngeld berechnen https://www.familien-wegweiser.de/ElterngeldrechnerPlaner/rechner.xhtml?cid=3

Quellennachweise der Videos:

Das neue ElterngeldPlus https://www.youtube.com/watch?v=dCQNmLkIJTo
Elterngeld erklärt: Alles zu Basis, Plus, Partnerschaftsbonus, Steuerklasse & Antrag https://www.youtube.com/watch?v=Ky2DUqGZcfY
Gute Gesellschaft braucht Zeit – Väter in Elternzeit https://www.youtube.com/watch?v=ABH1sV5xJWc

Autor: Hans-Georg Nelles